Backpacking – Grenzenlose Freiheit für alle? 
Das heute populäre Backpacking bzw. der Rucksacktourismus entwickelte sich Ende der 60er Jahre aus der Hippie-Bewegung. Junge Menschen aus dem angloamerikanischen und europäischen Raum begaben sich, nur mit dem nötigsten Gepäck und ohne eine klare Reiseroute, auf einen möglichst langen, preiswerten und „authentischen“ Trip durch Asien. Sie schufen den heute weit verbreiteten Mythos von grenzenloser Freiheit, Abenteuer und Hedonismus und begründeten den sogenannten Hippie Trail. 
In der Nachkriegszeit erholte sich die Tourismusindustrie infolge des wirtschaftlichen Aufschwungs und des technischen Fortschritts. Dies führte zur Etablierung immer neuer Reiseziele und -formen. Mit dem Aufkommen des Massentourismus bildete das Prinzip des Backpacking dabei eine Alternative, die den Freiheitsdrang und den „revolutionären“ Geist dieser Generation ansprach. Man verstand die Reise als ein existenzielles Abenteuer, das den Jugendlichen, ähnlich wie z.B. die Wanderschaft junger Handwerker*innen (jedoch ohne den unangenehmen burschenschaftlichen Beigeschmack), Wissen und Erfahrung für ein vermeintlich verantwortungsvolles und erfolgreiches Leben als Erwachsene*r bescheren sollte. Das heutige Backpacking wird von seinen Akteur*innen und in der Außenwahrnehmung ideologisch immer noch auf diese Zeit rückbezogen, obwohl sich die Funktion, der Ablauf und die Protagonist*innen erheblich verändert haben. Suchte man früher mit Batik-Shirt und Blume im Haar nach idealisierter Freiheit, sucht man heute meist sein iPhone in seinem speziell dafür designten Travel-Backpack, um damit den schnellsten Weg zur nächsten Full-Moon-Party zu suchen. 
Backpacking ist heute in bildungsbürgerlichen Milieus ein weit verbreitetes Phänomen und wird von den Akteur*innen und ihrem sozialem Umfeld als weitgehend positiv wahrgenommen. War Backpacking früher hauptsächlich ein Phänomen der nordamerikanischen und nordeuropäischen Jugend, gehören heute auch junge Menschen aus beispielsweise Israel oder Japan zu immer größer werdenden Gruppen in der Backpacking-Szene. Die Mehrheit stammt aus sogenannten postindustriellen Ländern, die Verteilung der Geschlechter ist gleichmäßig.  
Backpacker*innen verstehen sich selbst meist als Cultural Brokers, also als Akteur*innen, die Ideen, Ideologien, Religionen, Erfahrungen und Güter über Ländergrenzen hinweg austauschen. Das so erworbene Wissen wird als kosmopolitisch betrachtet und über soziale Medien wie Instagram, Facebook oder Travel-Blogs geteilt. Die romantisierte Annahme von temporärem Ausstieg und die Idee der Unerreichbarkeit treffen daher heute nicht mehr zu. Die allermeisten halten dank Smartphone und Laptop regelmäßig Kontakt zu verschiedenen sozialen Bezugsgruppen. So bricht oft große Verzweiflung aus, wenn das Datenvolumen einmal aufgebraucht ist oder das letzte Hostel am Ende der Welt kein Breitband-WiFi bietet. 
Backpacker*innen stellen sich in der Regel als reflektiert dar und grenzen sich von anderen Formen des Tourismus bewusst ab. Andere Tourist*innen werden als nicht-mobile, abgestumpfte Arbeitstiere oder als bequeme, etwas dümmliche Massentourist*innen wahrgenommen. Das ausdrückliche Flüchten vor diesen Tourist*innen durch Rückzug in abgelegenere Regionen der Zielländer geht mit dem Wunsch nach unberührter Natur und lokaler, naturnaher Bauweise der Unterbringungen wie z.b. vermeindlich orginären Strandhütten, einher. Es soll auf „Natürlichkeit“ und „Verträglichkeit“ verweisen und so die eigene Tourismusform legitimieren. Tatsächlich aber werden oft vermüllte Traumstrände und zugedröhnte Weggefährt*innen hinterlassen. 
Die Motivation vieler Backpacker*innen ist, sich durch ihre Reise, neben dem reinem Hedonismus, fit für eine erfolgreiche Zukunft zu machen – quasi Selbstoptimierung. Hierbei spielen Identitätsbildung, erhöhte Empathiefähigkeit, Flexibilität, Selbstständigkeit und Interaktionskompetenz eine wichtige Rolle. All diese und weitere Fähigkeiten hofft man zu erlernen und später – ganz im Sinne der Leistungsgesellschaft – beispielsweise in eine erfolgreiche Karriere zu übersetzen. Die steigende Nachfrage und das wachsende Interesse am Prinzip des Backpacking haben, wie in jedem neuerschlossenen wirtschaftlichen Sektor, zur Folge, dass sich die Ökonomie auf die Interessen seiner potentiellen Kund*innen ausrichtet. Dies zeigt sich beispielweise durch Round-the-World-Tickets, spezielle Backpacking-Reiseführer und gesponserte Travel-Blogs. 
Während diese Art des Reisens auf sehr viel Begeisterung und Nachahmung stößt, mehrt sich allerdings auch die Kritik an Backpacker*innen an sich. Denn der scheinbar so individuelle Reiseweg ist am Ende des Tages eher ein überfüllter Highway als ein einsamer Trampelpfad und folgt mittlerweile den gleichen wirtschaftlichen Mechanismen wie jede andere Tourismussparte. Was hinter dem Phänomen des Backpacking steckt, welche Vorteile sich tatsächlich ergeben können und inwieweit eine kritische Betrachtung aus ökologischer und ökonomischer Sicht den Blick auf die jungen Rucksacktourist*innen im Land XY verändert, soll in der folgenden Ausgabe beleuchtet werden. 
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